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Fair-Trade -

Bremen bewirbt sich:


Presestelle des Senats >>> PDF
Bremen ist Hauptstadt des Fairen Handels 2011


> Weser Kurier 27.2.2012 >>> JPG

Rede von Michael Weisser
am 14. April 2011 in der Zentralbibliothek/Bremen
zur Bewerbung zur "Hauptstadt des fairen Handels 2011".

Sehr geehrte Damen und Herren -
Ich möchte ihnen einige Gedanken zur Entstehung dieser Ausstellung vortragen.

Über Kunst -

Für mich ist Kunst nicht vorrangig eine Gestaltungsform, bei der Idee, Emotion und Kalkül in Farbe, Form und Gestalt gebracht und medial materialisiert wird. Für mich ist Kunst vielmehr eine Methode, um in möglichst freier Selbstbestimmung die Welt zu entdecken, sie zu erforschen, sie zu gestalten und mich dabei einzubringen.

Ich erkläre einen Ausschnitt von Welt in Form eines Themas, eines Ortes, einer Atmosphäre, eines Objektes oder eines Menschen zum Projekt und nähere mich dem schrittweise an.

Die Annäherung geschieht zumeist so, dass ich mit der Fotokamera oder dem Mikrophon Bild- oder Klangproben entnehme. Früher geschah dies mit analoger und heute geschieht es vorwiegend mit digitaler Technik.

Das klingt nach wissenschaftlicher Systematik, ist aber erst einmal intuitiv und emotional geprägt. Das, was ich fotografiere, um beim Bild zu bleiben, sind Ausschnitte dessen, was ich als Kontinuum erlebe.
Ich erfasse also mit jedem Foto Bild-Fragmente der Welt.
Diese Fragmente sind nicht willkürlich gewählt, sondern ich folge der Hoffnung, den "spirit" des jeweiligen Themas zu entdecken.

In dieser Methode der ästhetischen Feldforschung versuche ich, Unbekanntes zu erforschen. Ich sammle Eindrücke, gewinne Ansichten und bette diese Fragmente in den Speicher meiner Erinnerung. Damit wird meine Kunst für mich zur persönlichen Lebensform.

Über Bilder –

Die Bilder, die im Arbeitsprozess entstehen, werden aufgenommen und gespeichert, gesichtet und bewertet, bewahrt und verworfen.
Was bleibt, ist jeweils eine Sammlung von Ansichten, die ich je nach Präsentationsort  in verschiedene Medien umsetze, abstrahiere, in neue Zusammenhänge bringe und in der Drei-Dimensionalität von Linie, Fläche und Raum als Sequenzen, Felder oder Räume gestalte.

In meinem Werk gibt es keine Einzelbilder, in denen ich versuche, alles-auf-eins zu konzentrieren. Mich interessieren vielmehr Bildfolgen, mit denen ich eine Auswahl von diskreten Größen aus dem analogen Kontinuum treffe.

Über Fair-Trade -

Auch das Projekt "Fair-Trade", von dem Sie hier bildhaft und worthaft umgeben sind, folgt diesem Prinzip der Entdeckung, Erforschung, Bewertung, Sammlung, Gestaltung, Archivierung, Präsentation und Diskussion. Auch hier geht es für mich um die Entdeckung von Unbekanntem, denn der Begriff "Fair-Trade" war anfangs für mich nur sehr unscharf gefasst.

Indem ich verschiedene Menschen aufgesucht habe, die sich mit "Fair-Trade" theoretisch oder praktisch beschäftigen, erfuhr ich von der Komplexität, der Weitsicht und der Nachhaltigkeit, die hinter "Fair-Trade" steckt. Ich lernte Menschen und zugleich auch deren Wirkungsorte kennen, die man im Hintergrund der Portraits sehen kann.

Im Gespräch mit diesen Menschen entstanden die kurzen Statements unter den Portraits, die in konzentrierter Form das auf den Punkt bringen, worum es dem oder der Einzelnen in seinem oder ihrem Schwerpunkt geht: Ökologie, Gerechtigkeit, Vernetzung, Hilfe zur Selbsthilfe und Nachhaltigkeit... kurzum hinter allem steht der Wunsch nach einem fairen Miteinander in einer fairen Gesellschaft.

Über Bewußtseinsbilder -

Bilder prägen unser Bewußtsein!
Es war ein ganz besonderes Bild, das hinter der wachsenden Erkenntnis und dem steigenden Engagement für Begriffe wie Ökologie, Nachhaltigkeit und Fair-Trade steht.

Am 20. Juli 1969 betrat Neil Armstrong im Verlauf der Mission Apollo 11 als erster Mensch den Mond. Die Welt war an den Fernsehgeräten dabei, als von hier aus die ersten Bilder unserer Erde zu sehen waren und viele faszinierende Fotos aus dem All auf unsere Erde folgten.

Erstmals war die Schönheit unseres Blauen Planeten im Ganzen aus der Distanz von außen zu sehen und daran entwickelte sich das Gefühl für die Verletzbarkeit unserer einen, gemeinsamen, schönen Welt.

Über die Ausstellung –

Die Ansichten von Menschen in Bremen, die sich für Fair-Trade einsetzen, entstanden nicht mit dem Anspruch der technischen Perfektion für Portrait-Fotografie unter Studiobedingungen.

Die Bilder dieser Ausstellung entstanden vielmehr als Folge einer Reihe von soziokulturellen und interkulturellen Projekten, die ich in den letzten Jahren realisiert habe. Und sie entstanden in voller Absicht an den Orten, an denen die Portraitierten arbeiten oder leben. Warum?
Jeder Ort reflektiert das Licht anders. Dieses Licht im Raum prägt die Stimmung der Gesichter. Und die Hintergründe lassen erkennen, in welchen Räumen die abgebildeten Menschen leben.

Während der Fotografie erzählten die Portraitierten von ihren Projekten, ihren Produkten, ihren Sorgen, ihren Hoffnungen, ihren Visionen, ihrem Geschäft. Die Gesichter sind demnach bewegt, konzentriert, betroffen, freundlich, offen, engagiert.

Über Verzicht und Gewinn -

Fairness fordert ein ganz persönliches Engagement, denn hier muss jeder in die eigene Tasche greifen. Man muss etwas abgeben!

Privilegien wie Geld und Macht zugunsten eines Anderen einzuschränken, wirft die Frage nach den eigenen Werten auf und provoziert die ganz persönliche Frage: 

"Worauf bin ich bereit, zu verzichten"?

Das bedeutet: "In welche Zukunft will ich investieren?"

Darüber müssen wir nachdenken, und danach müssen wir handeln.

Ich danke allen, die sich an diesem spannenden Projekt beteiligt haben.

Besonders danke ich dem Bäckermeister Rainer Knoll, der meine Bitte aufgegriffen hat, uns heute seine Croissants kosten zu lassen, die mit Leidenschaft gebacken wurden.

Der Stadt Bremen wünsche ich viel Erfolg bei der Bewerbung zur "Hauptstadt des fairen Handels 2011".

Danke für ihre Aufmerksamkeit.























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