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"gesICHter - DANZIG
Kooperation und Ausstellung

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"LAZINA-Center"
, 2010

Einzelausstellung im "LAZNIA" - Centre for Contemporary Art
Danzig/Polen, ul. Jaskolcza 1
" Youngsters of the Gdansk twin-partner-city Bremen are communicating their very own identity inspired by art."



Farbpigmentprints, Typografien und Projektion von Michael Weisser. Schirmherr: Christian Weber - Präsident der Bremischen Bürgerschaft. Kurator: Detlef Stein - Kunsthistoriker. Organisation: Ulla van den Busch. Kommunikation: Baska Grzegorzewska.
Das Projekt wurde gefördert von der Deutsch-Polnischen-Gesellschaft e.V. Eröffnung am Samstag, den 4. September 2010 um 18 Uhr im "LAZNIA" - Centre for Contemporary Art / ul. Jascolcza 1 / Danzig / Polen. 4. September bis 10. Oktober 2010.

"0840 - Maria aus Bremen"
, 2009

Rede des Bremer Kurators Detlef Stein
zur Eröffnung der Ausstellung TACY! von Michael Weisser im Centre for Contemporary Art in Danzig/Polen am Freitag, den 3. September 2010

Liebe Anwesende -

es ist mir eine große Ehre und Freude, heute mit Frau Agnieszka Wolodzko und Ihnen gemeinsam, liebe Gäste, die Ausstellung von Michael Weisser hier in Danzig eröffnen zu dürfen.

Auch wenn – oder gerade weil - Bremen viele Hundert Kilometer von hier entfernt liegt, versteht sich die Ausstellung als ein Botschafter Bremens, versteht sich als ein Angebot zum Dialog.

Wenn wir in andere Städte oder in andere Länder reisen, gilt unsere besondere Aufmerksamkeit in der Regel erst einmal dem Stadtbild – wie hier in Danzig - das so vieles gleichzeitig verkörpert: Vergangenheit und Gegenwart einer städtischen Gemeinschaft, Baustile und Moden, ökonomische Strukturen und Alltagskultur.

Was aber von noch größerem Interesse ist, sind die Menschen, denen wir begegnen, die mit all jenem umgeben sind, es beleben und damit auch prägen. Erst im Austausch mit den Menschen, denen wir begegnen, erfüllen sich die Orte mit Leben.

Es ist ein solcher Blick auf die Menschen einer Stadt, der die heute zu eröffnende Ausstellung inspiriert hat: Michael Weisser hat den Versuch unternommen, als Bremer gleichsam aus der Innenperspektive heraus, für die hier gezeigte Ausstellung in Danzig einen Außenblick anzuregen; auf diesem Wege kommt ein Stückchen Bremen nach Danzig.

Gegenstand der Ausstellung sind – so wirkt es auf den ersten Blick – Porträtfotografien von Jugendlichen, die in Bremen zu Hause sind. Ihr Erscheinungsbild, ihre Kleidung, ihre Haarfarbe und die Attribute, die sie bei sich führen, all dies sind individuelle Eigenschaften von Menschen, die zu dokumentieren letztlich immer schon das Bestreben von Porträtkunst gewesen ist.

Seit dem Beginn der neuzeitlichen Kultur ist sie in den Medien Malerei, Zeichnung, Bildhauerei und später auch in der Fotografie eines der wichtigsten Sujets der Kunst.

Aber würden wir die künstlerische Arbeit von Michael Weisser ausschließlich als die Arbeit eines Porträtfotografen begreifen, dann würden wir sie nur unvollständig erfassen.

Kern seiner Arbeit ist etwas, das sich nur bedingt dokumentieren läßt und was als Prozeß den Endprodukten vorausgegangen ist, nämlich die Begegnungen, die Gespräche mit den Dargestellten, der Dialog mit den Menschen, die er für seine Ideen begeistern möchte und mit denen er über ihre Eigen- und Fremdwahrnehmung spricht, deren Lebensentwürfe er zu erfahren und zu ergründen versucht und deren Art von Selbstdarstellung er zu dokumentieren beabsichtigt.

Statements daraus sind als Sätze ausgestellt. Sie lassen etwas von der Atmosphäre der Gespräche und von den dargestellten jugendlichen Identitäten in Bremen erahnen.

Wir können das Interesse Weissers also klar benennen: es sind die Menschen und deren Vielfalt. Nicht den Einzelnen gilt es dabei hervorzuheben, sondern Menschen nebeneinander, untereinander, zueinander und miteinander zu zeigen, trotz oder vielmehr wegen ihrer Unterschiedlichkeit.

Von der Idee, soziale Gemeinschaften zu dokumentieren, ist Michael Weissers Arbeit schon seit geraumer Zeit geprägt.

Unter dem Titel „Gesichter“ hat der Künstler zwischen 2006 und 2007 rund 1.000 Bremerinnen und Bremer porträtiert, ohne dass es ihm dabei um den Versuch ging, einen repräsentativen Querschnitt der in Bremen lebenden Menschen zu geben.

Ziel war vielmehr, wie es Weisser selbst formuliert „das Wechselspiel von Allgemeinem und Besonderem, von Vielfalt und Einheit, von Gesellschaft und Individuum“ zu erfahren, um „die völlig unterschiedlichen Menschen einer Stadt friedlich an einem Platz zusammenzuführen“.

Während der Begegnungen mit den unterschiedlichsten Personen waren deren Hoffnungen, Wünsche und Lebensperspektiven ein wichtiger Gesprächsgegenstand, teilweise dokumentiert und – wie auch hier in der Ausstellung - gezeigt.

Weisser, der sich im Zusammenhang mit seinem großangelegten Projekt als „Moderator“ bezeichnet hat, konnte eigens für dieses Vorhaben Räume in unterschiedlichen Stadtteilen Bremens mieten und auf diesem Wege einen künstlerischen Diskurs in verschiedene Stadtteile hinein getragen, die als soziale Brennpunkte gelten.

Er hat sich an Jugendliche gewandt, die sich erstmalig in ihrem Leben mit einem künstlerischen Konzept befaßt haben, er hat Schulen und Berufsschulen aufgesucht und dabei eine sehr heterogene Gruppe von Menschen angetroffen, engagierte, hoffnungsvolle, suchende und nicht selten perspektivlose Jugendliche, denen sonst nie die Aufmerksamkeit von Künstlern gilt.

Hier liegt das besondere Verdienst der Arbeit Michael Weissers und hier besteht auch die Gemeinsamkeit zu dem Projekt der Danziger Werkstätten.

Eine abgehobene, bildhaft gesprochen: eine auf den hohen Sockel gestellte Kunst, entspricht nicht dieser Vorstellung.

Seine Auffassung von Kunst ist stark an Prozessen orientiert, sie geht über die herkömmliche Vorstellung vom abgeschlossenen Werk weit hinaus.

Weisser spricht hinsichtlich seiner Arbeit von „LebensGestaltung“ als einem künstlerischen Prozeß. Nicht allein die Aufmachung und das Outfit der Menschen – was ja in eindrücklicher Vielfalt auf den Fotografien nachvollzogen werden kann - sind damit gemeint, sondern das Gestalten der eigenen Biografie, des privaten Lebensumfeldes aber eben auch das verantwortungsvolle Mitgestalten gesellschaftlicher Prozesse.

Wir wünschen uns sehr, liebe Gäste, daß sich über die hier ausgestellten Arbeiten ein Dialog entfacht, der Menschen mit Menschen in Verbindung bringt, ein Dialog über ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede, über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; wir wünschen, daß ein Gespräch angeregt wird, damit nicht das Schweigen Menschen trennt, sondern der Dialog Menschen – und ganz besonders die Jugendlichen, die heute so zahlreich erschienen sind – verbindet.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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